Interview mit Steffis Bücherkiste aus dem Jahr 2000

 

Auf Gabriele Popmas Buch, bin ich durch Zufall gestoßen. Nachdem ich die sehr positiven Bewertungen bei amazon.de gelesen hatte, beschloss ich ihren Erstling "Umwege zum Glück" zu lesen. Wir waren uns auch sofort so sympathisch, dass ich sie einfach nach einem Email-Interview fragen musste, das (wie ich finde) ganz besonders gut gelungen ist.

 

Könntest Du uns ein wenig von Dir erzählen? Über Deine Familie, Dein Leben und Deine Hobbys?

Ja, das ist also alles irgendwie stinknormal. Ich bin 37 Jahre alt, gelernte Bibliothekarin und habe knapp zehn Jahre in der Universitätsbibliothek in Augsburg gearbeitet. Geheiratet habe ich vor 13 Jahren meinen Mann Rudie, einen Holländer. Irgendwie habe ich in unserer Gegend nichts Gescheites finden können. Aber die Wahl war goldrichtig. Als unsere Kinder kamen, die heute 8 und 9 Jahre alt sind, habe ich den Job erst mal zu den Akten gelegt. Zu Hobbys komme ich trotzdem reichlich selten, aber ich lese gern, höre und mache gern Musik (letzteres mit Akkordeon), sticke und stricke, pflege Freundschaften, und mache nebenbei Heimarbeit für die Firma meines Schwagers, damit ich mir das alles auch leisten kann. Vor allem die Schreiberei, die bei den Hobbys natürlich auch noch zu nennen ist, und die ziemlich teuer kommt.

 

Was hat Dich zum Schreiben bewogen? Wolltest Du schon immer schreiben?

Mit 14 habe ich mal ein Buch gelesen, das eine 14-jährige geschrieben hatte. Da dachte ich mir, also so gut kannst du das aber auch. Und das habe ich dann in die Tat umgesetzt. Ich habe fünf Jugendbücher geschrieben, die zwar nie veröffentlicht wurden, aber ich habe dabei das Schreiben gelernt. Und Erfahrung im Umgang mit Verlagen gesammelt. Und weil die Jugendbücher keinen Verlag fanden, habe ich diese Stufe übersprungen und es einfach mit einem Roman versucht.

 

Dein Buch "Umwege zum Glück" behandelt das seltene Thema "Behinderte und Liebe". Wie kamst Du darauf, dieses Thema in einem Liebesroman zu verwenden? War es nicht sehr riskant, wenn man mal daran denkt, dass die Verlage nicht gerade risikobereit sind, wenn es um neue deutsche Autoren geht.

Ich wollte einfach mal etwas anderes machen. Nicht immer nur den gleichen Herz- und Schmerz-Kram. Außerdem interessiere ich mich schon länger für das Thema. Ich finde es teilweise unerhört, wie man bei uns mit Behinderten umspringt. Nur ein kleines Beispiel am Rande: Ein gelähmter Freund hat mich mal in ein Café eingeladen, und die Bedienung hat ihm einfach den Rücken zugedreht und nur mit mir gesprochen. Sie wollte am Schluss auch einfach die Gesamtsumme von mir kassieren, kam vermutlich gar nicht auf die Idee, dass ein behinderter Mann auch mal eine Frau einladen kann. Mein Bekannter hat inzwischen ein so dickes Fell, dass er über solche Episoden herzlich lachen kann, aber eigentlich war es beschämend. Aber zurück zum Thema: ich wollte einfach mal zeigen, dass auch behinderte Menschen Anspruch auf das Normale haben und ihr Recht auf Liebe und Glück verwirklichen können. Das geht in einem Roman ganz gut, weil man die Personen dem Leser nahe bringen kann. Ich wollte die Geschichte einer Frau zwischen zwei Männern schreiben, bei der die Ausgangskonstellation nicht ganz so trivial und das Ende nicht ganz so absehbar ist. Ich weiß nicht, ob das Thema riskanter ist als andere, allerdings habe ich den Eindruck gewonnen, dass deutsche Verlage mehr als zögerlich sind, deutsche Autoren anzunehmen, mit welchen Themen auch immer.

 

Wie sind Deine Erfahrungen als junge deutsche Autorin mit den Verlagen? War es leicht, einen Verlag für Dein Buch zu finden?

Nein, absolut nicht. Ich habe das Buch 1991 geschrieben. Veröffentlicht wurde es Ende 1995, und das auch nur mit Hilfe einer Literaturagentur und einer kräftigen Finanzspritze, von der man mir erzählte, sie würde für Werbung für mein Buch benutzt, was aber nie passiert ist. Heutzutage ist es ungeheuer schwer, einen Verlag zu finden. Ohne Agentur kommen die Manuskripte kaum weiter als bis zur Poststelle, diesen Eindruck habe ich zumindest. Die Verlage konzentrieren sich mehr auf Geschäfte, die wirklich etwas bringen. Amerikanische Lizenzen zum Beispiel. Ein Buch, das in den USA ein Erfolg war, wird es hier bei entsprechender Vermarktung mit Sicherheit auch, bei neuen deutschen Autoren muss man erst einmal abwarten, wie es läuft, und da riskieren die Verlage verständlicherweise nicht allzu viel.

 

Was war es für ein Gefühl, Dein Buch gedruckt in Händen zu halten? Hast Du gefeiert?

Na klar. Allerdings an dem Abend, als mein Agent mich mit der guten Nachricht anrief und das war ein gutes halbes Jahr vor der Veröffentlichung. Da habe ich mit meinem Mann und meinen Eltern mit Sekt angestoßen. Als das Buch geliefert wurde, war mir weniger zum Feiern zumute, da lag meine Mutter gerade nach einer schweren Operation im Krankenhaus. Trotzdem war es natürlich ein erhebendes Gefühl, ein Buch in der Hand zu halten, auf dem der eigene Name steht. Ich wusste zuvor nicht mal, wie das Cover aussehen würde und war deswegen ziemlich erleichtert, dass es doch einen recht guten Eindruck macht.

 

Wie waren die Kritiken zu Deinem Buch? Ich stelle es mir immer etwas seltsam vor, von fremden Leuten beurteilt zu werden? Trifft Dich eine schlechte Kritik sehr? Im Prinzip ist es ja wichtig, das man selber von seiner Arbeit überzeugt ist.

Da muss ich jetzt ganz unbescheiden sagen, dass ich keine einzige wirklich schlechte Kritik bekommen habe. Wahrscheinlich trauen sich die Leute einfach nicht, mir das zu sagen. :-) Aber ich habe wirklich viel Lob bekommen. Viele waren regelrecht begeistert. Die beste Kritik war von einer Frau, die von einer Freundin das Buch geschenkt bekam und die Nase rümpfte, weil sie eigentlich so etwas "Triviales" nicht liest. Sie vergaß das Essen, die Hausarbeit, ihre Tabletten einzunehmen, weil sie nur noch lesen, lesen und lesen wollte. In meinem Gästebuch steht eine ähnliche Kritik eines Herren, der "solche Frauenliteratur" normalerweise ebenfalls nicht zu seiner Lektüre zählt. Solche Kritiken sind meiner Meinung nach die besten. Wenn sogar die Zweifler überzeugt sind. … Natürlich freue ich mich über jede einzelne gute Kritik, die ich bekomme. Was die schlechten angeht, man kann ja keinem Leser seinen Geschmack vorschreiben. Dem einen gefällt es, dem anderen nicht. Konstruktive Kritik nehme ich immer gern entgegen, daraus kann man eine Menge lernen. Was die eigene Überzeugung angeht, da ist der Entwicklungsprozess nie abgeschlossen. Man findet immer wieder Passagen, die man ändern könnte, aber irgendwann muss man auch einfach damit zufrieden sein, was man abliefert und dem Verlag den Rest überlassen.

 

Was planst Du für die Zukunft? Wirst Du weiter schreiben?

Aber natürlich schreibe ich weiter. Allerdings werde ich zuvor versuchen, für meine anderen Projekte einen Verlag zu finden. Ich habe noch drei weitere Manuskripte hier liegen, darunter auch die Fortsetzung zu "Umwege zum Glück", die zehn Jahre später spielt. Ein Manuskript habe ich gerade bei einem Verlag, aber zur Zeit sind härtere Sachen gefragt, als ich sie schreiben kann. Zu unblutig, zu wenig aggressiv, zu wenig brutal, das sind die Schlagworte, die ich zu meinem neuen Roman höre. Mal sehen, was noch daraus wird.

 

Wirst Du im Genre des Liebesromans/Unterhaltung bleiben, oder würdest Du auch gerne etwas ganz anderes (Krimi, etc.) ausprobieren?

Eben dieses Manuskript geht ein kleines bisschen in Richtung Krimi, es hat eine Portion Wirtschaftsspionage drin, es fließt auch Blut (wenn auch zuwenig, s.o.), aber eigentlich setze ich doch mehr auf die Psychologie der Figuren, die recht interessante familiäre Entdeckungen machen, die ihr Leben ziemlich umkrempeln. Also im Prinzip bleibe ich schon meiner Richtung treu.

 

Hast Du irgendwelche Vorbilder, Lieblingsautoren und Lieblingsbücher?

Ich habe einige Anti-Vorbilder, diese Liebesromane, die im 17. oder 18. Jahrhundert spielen und immer nach dem gleichen Muster ablaufen. Die Liaison einer wunderschönen Frau mit einem absolut indiskutablen Mann, der sich dann hinterher doch als verkappter Adliger oder sonst was entpuppt, und dazu den Nebenbuhler, der meist ein guter Freund ist und sich dann als Schurke herausstellt. Ich habe diese Bücher früher gar nicht so ungern, aber mit wachsendem Verdruss gelesen und dann überlegt, dass eine Frau auch zwischen zwei ganz normalen Männern stehen können müsste, von denen keiner nur gut oder böse ist. So ist eigentlich auch die Grundidee zu "Umwege zum Glück" entstanden. Meine Lieblingsautoren sind Madeleine Brent, von der es leider seit vielen Jahren nichts Neues mehr gibt und Clive Cussler. Zwei völlig verschiedene Richtungen. Liebesroman mit vielen Verwicklungen und fremden Ländern das eine und Thriller das andere. Für einen intelligenten Thriller bin ich immer zu haben.

 

Wie viel von Dir selbst steckt in Deinen Büchern? Recherchierst Du viel und wie lange brauchst Du ungefähr für ein Buch?

Gute Frage. Ich glaube, jeder Autor bringt ein Stück von sich selbst in seine Figuren ein. Meine Heldin Corinna ist eine Mischung aus dem, was ich bin und aus dem, was ich gerne wäre. Hilfsbereit, treu, zuverlässig, das sind die Attribute, die auch auf mich zutreffen, aber manchmal hätte ich gern ihre Geduld. Was sie alles einsteckt, da wären bei mir schon die Fetzen geflogen. Das kommt dann mehr auf meine Schwester hin, die auch einiges mit stoischer Ruhe einfach schluckt. Aber ansonsten versuche ich es tunlichst zu vermeiden, irgendwelche Ähnlichkeiten mit Bekannten aufkommen zu lassen. Eine Tante sah die ganze Familie in dem Buch, da konnte ich nur staunen, denn Handlung und Personen sind absolut frei erfunden. Wenn ich anfange zu schreiben, kenne ich meistens den Anfang und den Schluss und einige Markierungspunkte aus der Mitte, auf die ich die Handlung dann zulaufen lasse. Wenn ich da richtig in Fahrt komme, sind 30 oder 40 Seiten am Tag keine Seltenheit (wenn meine Kinder mich lassen), und so dauert das reine Schreiben einschließlich schöpferischer Pausen im Prinzip auch nicht lange. Das Überarbeiten kostet die meiste Zeit. Für dieses Buch habe ich wenn ich mich recht erinnere, ein halbes Jahr gebraucht. Dinge, die unbedingt stimmen müssen, wie zum Beispiel rechtliche oder medizinische Gesichtspunkte, recherchiere ich natürlich genauestens. Da kommt mir meine Bibliothekstätigkeit sehr zugute, mein früherer Chef ist immer so nett, mal etwas für mich in der Fachliteratur nachzusehen. Richtig große Recherchen habe ich aber noch nicht benötigt, das meiste funktioniert mit gesundem Menschenverstand.

 

Ich habe gelesen, dass Du in einer Bibliothek gearbeitet hast. Hat das irgendwie mit dazu beigetragen, dass Du angefangen hast, zu schreiben? Schließlich warst Du dort ja den ganzen Tag von Büchern umgeben! :-) Vermisst Du Deine Arbeit?

Ich habe zu schreiben begonnen, lange bevor ich auf die Idee kam, Bibliothekarin zu werden. Aber es war ein toller Beruf. Die Bücher, von denen ich umgeben war, haben mich allerdings nicht besonders inspirieren können, ich habe im juristischen Fachbereich gearbeitet. Ja, ich vermisse die Arbeit schon manchmal. Der Umgang mit den verschiedensten Menschen war immer sehr interessant. Professoren und Juristen auf der einen Seite, junge nette Studenten auf der anderen und dazwischen die Kollegen. Es war jeden Tag etwas los und es hat viel Spaß gemacht. Aber die Arbeit, die ich jetzt mache, hat auch seine positiven Seiten. Es ist nicht so hektisch und ich kann immer für meine Kinder da sein. Es gibt eben Zeiten für das eine und Zeiten für das andere.

 

Vielen Dank für das Interview!


Ich danke Dir, dass ich dieses Interview geben durfte.

 

mit freundlicher Genehmigung von Steffis Bücherkiste